79Oktan hält am Standpunkt weiter fest. Auf einer Facebook-Seite von Prof. Die Tel wird nochmals die Stellungnahme von 2014 zum Thema veröffentlicht. War 79Oktan diese Stellungnahme nicht bekannt?
https://m.facebook.com/story.php?story_ ... 5760740555
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Aus gegebenem Anlass veröffentlichen wir heute noch mal einen Text, den Prof. Dietel 2014 zum Thema Wartburg verfasst hat:
PROF. KARL CLAUSS DIETEL
CHEMNITZ / SACHSEN
2. OKTOBER 2014
ERKLÄRUNG & GEGENDARSTELLUNG
Unter dem Titel “Der Erfinder des WARTBURG” wurde medial meine bevorstehende Auszeichnung mit dem DESIGNPREIS DER BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND angekündigt. Die mir vorher dafür unbekannte und von mir nicht gebilligte Formulierung führte zu einer Entgegnung in der THÜRINGER ALLGEMEINE vom 20.9.2014 unter dem Titel “Konstrukteur Hans Fleischer formte die Karosserie vom Wartburg”. Über die berechtigte Kritik an der von mir niemals verwendeten Formulierung hinaus werden im Beitrag Behauptungen aufgestellt, die meine auch urheberschutzrechtlich abgesicherten Ansprüche auf von mir/uns objektiv erbrachte Entwurfsleistungen zur Gestaltung des WARTBURG 353 elementar und ehrenrührig verletzen.
Zu den objektiven Fakten: Vom KFZ.-Entwicklungsinstitut Karl-Marx-Stadt/Chemnitz aus arbeitete ich 1962 längere Zeit für das Automobilwerk Eisenach. Ausgehend von meiner 196o/61 entstandenen Diplomarbeit “Gestaltung eines Mittelklasse-PKW” erarbeitete ich im Werk einen gestalterischen Grundentwurf für das Projekt W312, später W353. Er entwickelte sich deutlich abgeleitet von meinem Diplommodell und abgestimmt mit der Abteilung Karosserie und einem seiner Konstrukteure, HANS FLEISCHER.
Bestimmend für meinen Entwurf waren: Primärausführung als Kompaktfahrzeug, später als “Vollheck” bezeichnet, und eine Variante als Stufenheck. Die Kompaktvariante wurde vom AWE favorisiert. Weltweit erstmals entstand damit eine plastisch definiert abgerundete, tief abgesenkte und aerodynamisch günstige Bugpartie. Große Fensterflächen allseits, schmale Säulen und Fensterstege sowie hinterer Dachabschluß als Abrißkante, runde Radausschnitte und auf Knickkantenhöhe durchlaufender Stoßschutz von Stoßstangen bis Stoßschutzprofilen kennzeichneten den Entwurf. Des weiteren allseits plastischer Einzug des Wagenkörpers ab Knickkante nach unten, tendenziell konkave Prägung der Gürtellinie, in die Bugschürze integrierte Rundscheinwerfer, davon getrennte und außen liegende Blinkleuchten sowie zwei runde Heckleuchten prägten das Gestaltbild des Viertürers.
Die damit entstandene Formsemantik und plastisch-konzeptionelle Anmutung war deutlich vom Anspruch des BAUHAUS beeinflußt, formal singulär und ist an Eisenacher PKW vorher und nachher so nicht feststellbar. Es entstanden zeichnerisch maßstäbliche Entwürfe in je vier Ansichten. Erster Entwurfsabschluß war der 24.8.1962 .
Nach Ablehnung der Kompaktvariante durch die Industriezweigleitung VVB Auto in Karl-Marx-Stadt/Chemnitz und deren Forderungen nach modischen Änderungen entstand eine Modifikation meines Grundentwurfs (Stufenheckvariante mit höhergelegter Knick- und Gürtellinie) durch Konstrukteur HANS FLEISCHER, wobei er meine grundlegende Formsemantik des Fahrzeugkörpers beibehielt ebenso wie meine Bug- und Heckgestaltung mit Rundleuchten vorn und hinten. Die für die Serienfertigung verwendeten modischen “Rechteckscheinwerfer” und die rechteckigen Schlußleuchten am Heck entwarf FLEISCHER. Die gesamte Innengestaltung des W353 mit Operativblock, Polsterteil vorn mit integriertem Haltegriff, erstmals großer Ablage, Seitenverkleidungen mit allen Bedienelementen bis zum Entwurf des Stoffbezugs für die Sitze gestaltete ich dann freischaffend zusammen mit LUTZ RUDOLPH 1963-1964. Dabei wurden Lenkrad, Walzentacho und Türgriffe als vorhanden einbezogen. Der Entwurf wurde fast komplett in die Serienfertigung überführt.
Kopien der Entwurfszeichnungen und Skizzen von mir und später von RUDOLPH sind erhalten, Fotos von Modellen mit Entwurfsvarianten von mir ebenfalls. Für Verletzungen der Urheberrechtschutzansprüche wie im Beitrag der THÜRINGER ALLGEMEINE besonders durch HORST IHLING sowie von HORST HARTMANN sind dies wertvolle Belege für eventuell nötige juristische Einsprüche, da das Urheberrecht in Deutschland einen hohen, unantastbaren Schutz genießt. Meinen Anspruch darauf werde ich trotz meines Alters mir nicht nehmen lassen.
Der Eisenacher HORST IHLING als Initiator auch des Beitrags der THÜRINGER ALLGEMEINE schreibt seit Jahrzehnten wie auch HORST HARTMANN gegen mich gerichtet eine subjektiv verzerrte Sicht auf die Gestaltung des WARTBURG 353 . Die objektiven Entwurfsprozesse hingegen verliefen wesentlich anders als von ihnen dargestellt. Sie schreiben damit beflissen fort, was vom AIF/DDR als Leitung für Formgestaltung in der DDR in enger Tateinheit mit der Staatssicherheit ab Mitte der sechziger Jahre als Ausgrenzungspolitik gegen freischaffende Produktgestalter forciert wurde. Deren Leistungen sollten weitgehend totgeschwiegen und ihre soziale und kulturelle Existenz als Freischaffende in der DDR abgeschafft werden.
Das Urteil zu geschaffenen Gestaltungen fällt letztlich die Geschichte, nicht die Wunschvorstellung Einzelner von heute. Gestaltungsgeschichte muß deshalb historisch korrekt aufgearbeitet werden. Mein Grundentwurf zum WARTBURG 353 ist nur ein sehr kleiner Teil meines Lebenswerkes. Vor fünf Jahrzehnten am Anfang stehend und gegensätzlich zu vielen von DDR-Realität verhinderten Gestaltungen wurde er, wenn auch modisch leicht abgeschwächt, produziert und ist mir deshalb bis heute wichtig.
Wer meine Arbeiten eines halbes Jahrhunderts mit etwas Gespür betrachtet, wird den vom BAUHAUS kommenden Anspruch am WARTBURG 353 an vielen Arbeiten späterer Jahrzehnte wieder entdecken. Wem dies Gespür nicht eigen ist, der wird es auch nicht erjagen.
prof. karl clauss dietel / chemnitz/sachsen
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Wie es hier noch zu unterschiedlichen Sichtweisen kommen kann, ist mir sehr rätselhaft! Wer sich ein wenig mit der Überwachung von freischaffenden Künstlern der DDR auskennt, der kann erahnen, auf welchen Reiter die 79Oktan hier setzt. Damit erweist man allen, die auch nur irgendwelche Dinge aus der DDR gut finden, einen Bärendienst!
Professor Dietel hat diesen Umgang nicht verdient!
Gruß
Swen-Uwe Berger