Gedanken / Diskussion - Auf die Gefahr hin dass es länger dauern wird...
Gedanken / Diskussion - Auf die Gefahr hin dass es länger dauern wird...
Hallo,
ich möchte hier gerne mal ein paar Sachen zusammentragen die mich beschäftigen und über die ich mich in regelmäßigen Abständen aufrege. Es geht um Begriffe die man (also auch ich) teilweise völlig unreflektiert (und manchmal falsch) benutzt - manchmal im "schnellen" Gespräch einem herausrutschen und die wie ich finde man mal näher erläutern sollte. Ihr könnt gerne weitere Begriffe und Beschreibungen die euch einfallen hinzufügen. Zu ein paar Begriffen habe ich schon etwas niedergeschrieben, zu anderen wurde andernorts schon etwas verfasst und die Debatte dürfte soweit bekannt sein. Dass das alles mit dem Hobby / Technik / Handwerk zu tun hat ist selbstredend. Vielen Dank für euer Interesse und dem Willen sich mit dem Thema ernsthaft auseinander setzen zu wollen. Bleibt fair in der Diskussion, ich versuche es auch (und bin mir auch bewusst nicht die Weisheit mit Löffeln gegessen zu haben). Für Anregungen bin ich dankbar.
1. Begriffe:
a) "Beiwagen" / D.R.P. Nr. 511173
b) "original"
c) Restaurierung/Restauration
2. Redewendungen:
a) "Loch" bohren
b) ein Motorenteil "verbauen"
3. historische Fehleinschätzungen und sich daraus ableitende Irrtümer / s.g. Erklärungen
a) "MZ Seitenwagen"
b) "Stoye 1 und 2" Seitenwagen
c) MZ 125/3 als RT 125 "Kopie" der Ingolstädter Auto Union GmbH (!) DKW RT 125 / Vier Ringe=Audi Komplex: Auto Union A.G. Chemnitz DKW RT 125 erstes Baujahr "1939" / DKW RT 125 n.A. (1943-1945) angeblich DKW RT 125-1
Viel Spass!
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1. a) Das Wort "Beiwagen" ist politisch und historisch höchst belastet, meiner Auffassung nach ist Seitenwagen die treffenste und wertneutralere Bezeichnung von beiden! In den 1920/1930ern werden in deutschsprachigen Werbeblättern und -anzeigen sehr ausgewogen noch beide Begriffe parallel nebeneinander benutzt. International dominiert hingegen das englische Lehnwort für Seitenwagen (sidecar) in den verschiedenen Einzelsprachen (so z.B. sajdkar im Tschechischen). Bei einer oberflächlichen Recherche zu den Begriffen kommt man nicht umhin festzustellen, dass in Verkaufsanzeigen oder anderen Internetseiten der Jetztzeit "Seitenwagen" häufiger Verwendung findet als "Beiwagen", so mein Eindruck. Dass der Heereseinheitsseitenwagen ab 1938 die Bezeichnung BW (also für Beiwagen) hatte und dass wegen des geplanten Krieges dann keine zivilen Seitenwagen in so großer Stückzahl mehr nötig waren sollte einem gerade als Deutsche_r zu denken geben, nicht wenige deutsche Seitenwagenhersteller stellten in den 1940ern auf alleinige Rüstung um, der Krieg wurde auch mit deutschen "Beiwagen" an die Front getragen, Millionen Menschen sinnlos ermordet. Kein Zivilist konnte spätestens nach Ausbruch des Krieges zivil mit Motorrädern, Autos oder Gespannen herumfahren. Man benötigte eine Reifenkarte bzw. einen Reifenbezugsschein (u.a. bei Neubeschaffungen von Reifen; geregelt durch die neue Verbrauchsregelungs-Strafverordnung [VRStVO] §3 "Zweckwidriger Verbrauch gewerblicher Erzeugnisse") sowie für Kraftstoffe laut Anordnung Nr. 35 der Reichsstelle für Mineralöl vom 16. Mai 1940 (DR Anzeiger Nr.112) eine Tankausweiskarte oder einen Mineralölbezugsschein. Dass man mit Kriegsbeginn seine Kfz abzugeben hatte bzw. dazu verpflichtet wurde damit an die Front zu fahren führte zu den allseits bekannten Umstand, dass Fahrzeuge versteckt (Thema "Scheunenfunde/eingemauerte Fahrzeuge) oder sogar absichtlich zerstört wurden um einer Enteignung zu entgehen. Siehe zur Begriffsunterscheidung Seitenwagen/Beiwagen auch meine Ausführungen hier: https://projekt-eindruck-le.de/industri ... itenwagen/ und hier https://projekt-eindruck-le.de/industri ... itenwagen/ sowie den Leserbrief an die Redaktion abgedruckt in Motorrad-Gespanne-Zeitschrift Nr. 184 (7/8 2021), welcher leider nur unzureichend und ausweichend beantwortet wurde.
Was mich auch stört ist, dass für das von Stoye patentierte Anschlusssystem wechselhaft die abenteuerlichsten Bezeichnungen neu erfunden werden. Es heißt D.R.P. (Deutsches Reichspatent) Nr. 511173 Kugelschnellanschluss vom 28.7.1929 und nicht "Kugelmaul" oder wie auch immer! Nicht wenige Motorradzeitschriften im deutschsprachigen Raum kolportieren in aller Regelmäßigkeit diesen Unsinn, wo ein technischer Fachterminus seit fast hundert Jahren besteht.
Quellen:
Dr. Hans Frank: Deutsches Recht Wochenausgabe. Zentralorgan des NS Rechtswahrerbundes. Heft 4 Seite 97 - 144). 12. Jg. 24.1.1942. Ausgabe A. Deutscher Rechtsverlag G.m.b.H. Berlin W 35 Leipzig C1 Wien Postversandort Leipzig. Zitierweise: DR. 1940, 538 (=Deutsches Recht, Wochenausgabe). Online: https://pbc.gda.pl/Content/79418/Nr_004.pdf
b) ...später...
c) ...später...
2. a) Ein Loch kann man in der Hose oder dem Geldbeutel haben. Mechanisch korrekt heißt es "eine Bohrung setzen". Wer "Loch bohren" sagt meint auch Dellen (eingedrücktes Blech im Autokleid oder bei einem Tank) wenn wer von "Beulen" redet. Merke: Beule=Anhebung. Angeschwollene Stelle am Kopf.
b) Wenn man etwas "verbaut", stellt man es zu, macht es unzugänglich. Siehe hierzu die wunderbare und sehr gelungene Auseinandersetzung im Barkas wiki unter: http://www.barkas.de/Forum/index.html [Barkas wiki] [weiter unter: Verbaut_Verbauen_Begriffsklärung]. Ein Teil in ein Kfz einbauen wäre die richtige Bezeichnung.
3. a) MZ hat nie selbst Seitenwagen gebaut! Stoye Fahrzeugbau (Walter Stoye und Johannes Mittenzwei) wurden in den 1960er Jahren Stück für Stück aus ihrem Betrieb hinausgedrängt (Johannes Mittenzwei verließ die DDR im Juli 1970), an anderer Stelle scheut man im aktuellen politischen Diskurs auch nicht den Terminus Enteignung und genau darum handelte es sich hierbei! Aus meinem Text https://projekt-eindruck-le.de/industri ... itenwagen/ "Ab dem 1.7.1962 wurde die staatliche Beteiligung durch das VEB Fahrzeug- und Gerätewerk Simson in Höhe von 100.000 DM, welche am 1.10.1963 auf 130.000 DM erhöht wurde, immer wirkungsmächtiger und Walter Stoye schlussendlich immer mehr aus seinem eigenen Unternehmen gedrängt. Am 1.1.1967 wurde er schließlich von der Geschäftsleitung ausgeschlossen und das Werk ab dem 1.1.1972 durch den erzgebirgischen Motorradhersteller MZ übernommen. Die Bezeichnung lautete von da an im Zusatz MZ Werk IV. Es folgte desweiteren die Fertigung von Ersatzteilen und Baugruppen für MZ. Doch dies erlebte Walter Stoye nicht mehr, da er bereits am 10.5.1970 mit 76 Jahren verstarb". Nicht wenige reden genau deshalb stets von MZ Seitenwagen, meinen jedoch den bis zum Schluss nach 1990 gebauten Stoye Superelastik II (mit "k" und nicht mit "c"! Siehe dazu: Kät(h)e und Johannes Mittenzwei: Erinnerungen eines alten Motorradfahrers sowie Betriebsanleitung MZ-Superelastik-Seitenwagen für das Motorrad MZ ETZ 250 vom 25.7.1981 und ETL Superelastik-Seitenwagen TS 250/1 und ETZ 250 Ausgabe 1984 IFA mobile DDR) der noch eine Konstruktion von Walter Stoye aus den 1960ern war. Ich finde diese sprachliche Ungenauigkeit wird dem Genie, welches hinter den Konstruktionen stand nicht gerecht und verzerrt allgemein das Geschichtsbild, dass manche von der DDR haben. Hier wurde ein seit 1920 tätiger Betrieb enteignet und dem staatlichen VEB Motorradwerk Zschopau durch üble Methoden angegliedert. Die 1981er Betriebsanleitung endet auf Seite 20 mit folgendem Satz: "Direktbezug von Ersatzteilen vom VEB Motorradwerk Zschopau ist in keinem Falle möglich". Warum wohl?
b) Es gab nie einen s.g. "Stoye 1 und 2". Falls ja fordere ich hiermit Belege für diese Bezeichnungen! Was es gab hat Erhard Werner in seinem AWO Buch (dritte Auflage 2006) dokumentiert: Sprengzeichnungen für die AWO Seitenwagen belegen die Existenz der Modelle TM (Tourenmodell) und SM (Sportmodell ohne Kofferraum), welche es auch in Luxusausführung ("L") gab. Für die AWO S mit Langschwinge hinten gab es dann den gedämpften Elastik Seitenwagen mit gezogener Seitenwagenschwinge und Drehstab, meistens mit TM Boot. Was wohl mit "1" und "2" gemeint ist, ist die entweder schmale (SM) oder breitere Bootsform (TM) des Stoye Seitenwagens.
c) Die erste DKW RT 125 (Auto Union A.G. Chemnitz) wurde zur Leipziger Frühjahrsmesse im Jahr 1940 vorgestellt. Bereits zwei Jahre zuvor gab Versuchsmodelle, die sogar bei motorsportlichen Veranstaltungen mitgefahren sein sollen (125er Motor im Rahmen der RT 3 PS). Entgegen meinem Avatar hier im Forum gab es 1939 noch keine serienfertige 125er DKW RT. Das Bild stammt aus einem DDR Quartett (Geschichte des Motorrades Verlag für Lehrmittel Pössneck 7/1987) und enthält darüber hinaus sogar noch das falsche Auto Union Signet, nämlich das der Ingolstädter Auto Union GmbH DKW RT 125 aus den 1950er Jahren mit geschwungenen Auto Union Ringen. Was die ganze Sache darüber hinaus noch verwirrend macht ist das Buch zum Thema DKW welches 2007 von Frank Rönicke veröffentlicht wurde: Typenkompass DKW. Hier wird zwar ansatzweise auf die Zschopauer Geschichte eingegangen jedoch leider nicht getrennt voneinander behandelt, dass es sich bei der Auto Union A.G. Chemnitz (zu der DKW gehörte) um ein ganz anderes Unternehmen handelt als um die Ingolstädter GmbH nach dem Zweiten Weltkrieg (ohne Horch und Wanderer). Auf Seite 81 wird von einer DKW RT 125-1 gesprochen. Das ist falsch und dafür gibt es auch keinerlei Belege. Die militärische Variante der DKW RT 125 hieß neue Ausführung (n.A.). Siehe dazu auch https://ifem.at/2011/01/dkwrt125/
Es muss und musste daher der Eindruck entstehen, dass es sich dabei um ein und dieselbe Firma handelt(e). Dem ist nicht so. In Zschopau gründete Jörge Skafte Rasmussen die Firma DKW in den 1920ern und dort wurde sie nach dem verlorenen Zweiten Weltkrieg auch demontiert. In Ingolstädt nach dem Zweiten Weltkrieg demontierte man hingegen lediglich eine von einem Händler nicht verkaufte DKW RT 125 aus den 1940er Jahren und fertigte schließlich nachdem man alles ausgemessen hatte diese ursprüngliche DKW RT 125 mit leichten Änderungen (längere Schutzbleche, größerer Tank, andere Sattelfederung und Lenkerhalterung) nach. Die Gesenkteile die vor Kriegsende noch in metallverarbeitenden Betrieben des Erzgebirges hergestellt wurden kamen nun von in den westdeutschen alliierten Zonen gelegenen Betrieben, die Bremsschilder waren von Pränafa (Präzisionsnabenfabrik Gräfrath bei Solingen) und nicht aus Zöblitz (MZAG /Metallwerke Zöblitz AG) wie vor 1945. Jedem_r der_die solche Teile schon mal in den Händen hielt müssen die unterschiedlichen Beschriftungen der Teile ins Auge fallen. Die Zschopauer Motorräder IFA DKW RT 125, sowie MZ RT 125/1 und /2 sowie die Motorräder MZ 125/3 und MZ 125/4, welche aus Zschopau stammen sind keine Kopien der DKW RT 125 von 1940 sondern ihre legitimen Nachfolgerinnen am historischen Standort gefertigt durch den Nachfolgebetrieb VEB Motorradwerk Zschopau. Wenn man im Kontext DKW RT 125 von Kopien sprechen mag dann von der in Ingolstadt von der Auto Union GmbH gefertigten DKW RT 125 mit Trapezgabel sowie ihren Nachfolgerinnen mit Telegabel und Hinterradfederung sowie den zahlreichen weiteren 125er Nachempfindungen durch Harley Davidson, BSA, Yamaha und den in Polen und der Sowjetunion gefertigten Nachkriegsproduktionen. Wobei man hier auch zugeben muss, dass die erste in der Sowjetunion gefertigte RT Kopie die Beste aller gebauten 125er gewesen ist, da sie erstens teilweise mit Original Zschopauer Teilen und zweitens auf den ursprünglichen Maschinen aus Zschopau gefertigt wurde.
Nicht unerwähnt soll in dem Kontext auch die unrühmliche Vorstellung jüngerer Generationen erwähnt sein, demnach die Vier Ringe etwas mit Audi zu tun haben sollen. Mit nichten bzw. lediglich zu einem Viertel! Die Vier Ringe tragende Auto Union AG aus Chemnitz (entstanden im Juni 1932) setzte sich wie die meisten wissen dürften aus den Kraftfahrzeugherstellern Audi, Horch, DKW und Wanderer zusammen. Das sich die Auto Union GmbH nach dem Zweiten Weltkrieg die Vier Ringe als Markensignet geschnappt hat um an den Erfolg der Weltmarken Wanderer und Horch der 1930er Jahren anzuknüpfen ist leider traurige wie reale Tatsache. Für mich stehen die Vier Ringe für sächsische Fahrzeugtradition und nicht für Ingolstädter (bzw. Düsseldorfer/Neckarsulmer) Nachempfindungen.
Das wärs als erstes...
F.
ich möchte hier gerne mal ein paar Sachen zusammentragen die mich beschäftigen und über die ich mich in regelmäßigen Abständen aufrege. Es geht um Begriffe die man (also auch ich) teilweise völlig unreflektiert (und manchmal falsch) benutzt - manchmal im "schnellen" Gespräch einem herausrutschen und die wie ich finde man mal näher erläutern sollte. Ihr könnt gerne weitere Begriffe und Beschreibungen die euch einfallen hinzufügen. Zu ein paar Begriffen habe ich schon etwas niedergeschrieben, zu anderen wurde andernorts schon etwas verfasst und die Debatte dürfte soweit bekannt sein. Dass das alles mit dem Hobby / Technik / Handwerk zu tun hat ist selbstredend. Vielen Dank für euer Interesse und dem Willen sich mit dem Thema ernsthaft auseinander setzen zu wollen. Bleibt fair in der Diskussion, ich versuche es auch (und bin mir auch bewusst nicht die Weisheit mit Löffeln gegessen zu haben). Für Anregungen bin ich dankbar.
1. Begriffe:
a) "Beiwagen" / D.R.P. Nr. 511173
b) "original"
c) Restaurierung/Restauration
2. Redewendungen:
a) "Loch" bohren
b) ein Motorenteil "verbauen"
3. historische Fehleinschätzungen und sich daraus ableitende Irrtümer / s.g. Erklärungen
a) "MZ Seitenwagen"
b) "Stoye 1 und 2" Seitenwagen
c) MZ 125/3 als RT 125 "Kopie" der Ingolstädter Auto Union GmbH (!) DKW RT 125 / Vier Ringe=Audi Komplex: Auto Union A.G. Chemnitz DKW RT 125 erstes Baujahr "1939" / DKW RT 125 n.A. (1943-1945) angeblich DKW RT 125-1
Viel Spass!
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1. a) Das Wort "Beiwagen" ist politisch und historisch höchst belastet, meiner Auffassung nach ist Seitenwagen die treffenste und wertneutralere Bezeichnung von beiden! In den 1920/1930ern werden in deutschsprachigen Werbeblättern und -anzeigen sehr ausgewogen noch beide Begriffe parallel nebeneinander benutzt. International dominiert hingegen das englische Lehnwort für Seitenwagen (sidecar) in den verschiedenen Einzelsprachen (so z.B. sajdkar im Tschechischen). Bei einer oberflächlichen Recherche zu den Begriffen kommt man nicht umhin festzustellen, dass in Verkaufsanzeigen oder anderen Internetseiten der Jetztzeit "Seitenwagen" häufiger Verwendung findet als "Beiwagen", so mein Eindruck. Dass der Heereseinheitsseitenwagen ab 1938 die Bezeichnung BW (also für Beiwagen) hatte und dass wegen des geplanten Krieges dann keine zivilen Seitenwagen in so großer Stückzahl mehr nötig waren sollte einem gerade als Deutsche_r zu denken geben, nicht wenige deutsche Seitenwagenhersteller stellten in den 1940ern auf alleinige Rüstung um, der Krieg wurde auch mit deutschen "Beiwagen" an die Front getragen, Millionen Menschen sinnlos ermordet. Kein Zivilist konnte spätestens nach Ausbruch des Krieges zivil mit Motorrädern, Autos oder Gespannen herumfahren. Man benötigte eine Reifenkarte bzw. einen Reifenbezugsschein (u.a. bei Neubeschaffungen von Reifen; geregelt durch die neue Verbrauchsregelungs-Strafverordnung [VRStVO] §3 "Zweckwidriger Verbrauch gewerblicher Erzeugnisse") sowie für Kraftstoffe laut Anordnung Nr. 35 der Reichsstelle für Mineralöl vom 16. Mai 1940 (DR Anzeiger Nr.112) eine Tankausweiskarte oder einen Mineralölbezugsschein. Dass man mit Kriegsbeginn seine Kfz abzugeben hatte bzw. dazu verpflichtet wurde damit an die Front zu fahren führte zu den allseits bekannten Umstand, dass Fahrzeuge versteckt (Thema "Scheunenfunde/eingemauerte Fahrzeuge) oder sogar absichtlich zerstört wurden um einer Enteignung zu entgehen. Siehe zur Begriffsunterscheidung Seitenwagen/Beiwagen auch meine Ausführungen hier: https://projekt-eindruck-le.de/industri ... itenwagen/ und hier https://projekt-eindruck-le.de/industri ... itenwagen/ sowie den Leserbrief an die Redaktion abgedruckt in Motorrad-Gespanne-Zeitschrift Nr. 184 (7/8 2021), welcher leider nur unzureichend und ausweichend beantwortet wurde.
Was mich auch stört ist, dass für das von Stoye patentierte Anschlusssystem wechselhaft die abenteuerlichsten Bezeichnungen neu erfunden werden. Es heißt D.R.P. (Deutsches Reichspatent) Nr. 511173 Kugelschnellanschluss vom 28.7.1929 und nicht "Kugelmaul" oder wie auch immer! Nicht wenige Motorradzeitschriften im deutschsprachigen Raum kolportieren in aller Regelmäßigkeit diesen Unsinn, wo ein technischer Fachterminus seit fast hundert Jahren besteht.
Quellen:
Dr. Hans Frank: Deutsches Recht Wochenausgabe. Zentralorgan des NS Rechtswahrerbundes. Heft 4 Seite 97 - 144). 12. Jg. 24.1.1942. Ausgabe A. Deutscher Rechtsverlag G.m.b.H. Berlin W 35 Leipzig C1 Wien Postversandort Leipzig. Zitierweise: DR. 1940, 538 (=Deutsches Recht, Wochenausgabe). Online: https://pbc.gda.pl/Content/79418/Nr_004.pdf
b) ...später...
c) ...später...
2. a) Ein Loch kann man in der Hose oder dem Geldbeutel haben. Mechanisch korrekt heißt es "eine Bohrung setzen". Wer "Loch bohren" sagt meint auch Dellen (eingedrücktes Blech im Autokleid oder bei einem Tank) wenn wer von "Beulen" redet. Merke: Beule=Anhebung. Angeschwollene Stelle am Kopf.
b) Wenn man etwas "verbaut", stellt man es zu, macht es unzugänglich. Siehe hierzu die wunderbare und sehr gelungene Auseinandersetzung im Barkas wiki unter: http://www.barkas.de/Forum/index.html [Barkas wiki] [weiter unter: Verbaut_Verbauen_Begriffsklärung]. Ein Teil in ein Kfz einbauen wäre die richtige Bezeichnung.
3. a) MZ hat nie selbst Seitenwagen gebaut! Stoye Fahrzeugbau (Walter Stoye und Johannes Mittenzwei) wurden in den 1960er Jahren Stück für Stück aus ihrem Betrieb hinausgedrängt (Johannes Mittenzwei verließ die DDR im Juli 1970), an anderer Stelle scheut man im aktuellen politischen Diskurs auch nicht den Terminus Enteignung und genau darum handelte es sich hierbei! Aus meinem Text https://projekt-eindruck-le.de/industri ... itenwagen/ "Ab dem 1.7.1962 wurde die staatliche Beteiligung durch das VEB Fahrzeug- und Gerätewerk Simson in Höhe von 100.000 DM, welche am 1.10.1963 auf 130.000 DM erhöht wurde, immer wirkungsmächtiger und Walter Stoye schlussendlich immer mehr aus seinem eigenen Unternehmen gedrängt. Am 1.1.1967 wurde er schließlich von der Geschäftsleitung ausgeschlossen und das Werk ab dem 1.1.1972 durch den erzgebirgischen Motorradhersteller MZ übernommen. Die Bezeichnung lautete von da an im Zusatz MZ Werk IV. Es folgte desweiteren die Fertigung von Ersatzteilen und Baugruppen für MZ. Doch dies erlebte Walter Stoye nicht mehr, da er bereits am 10.5.1970 mit 76 Jahren verstarb". Nicht wenige reden genau deshalb stets von MZ Seitenwagen, meinen jedoch den bis zum Schluss nach 1990 gebauten Stoye Superelastik II (mit "k" und nicht mit "c"! Siehe dazu: Kät(h)e und Johannes Mittenzwei: Erinnerungen eines alten Motorradfahrers sowie Betriebsanleitung MZ-Superelastik-Seitenwagen für das Motorrad MZ ETZ 250 vom 25.7.1981 und ETL Superelastik-Seitenwagen TS 250/1 und ETZ 250 Ausgabe 1984 IFA mobile DDR) der noch eine Konstruktion von Walter Stoye aus den 1960ern war. Ich finde diese sprachliche Ungenauigkeit wird dem Genie, welches hinter den Konstruktionen stand nicht gerecht und verzerrt allgemein das Geschichtsbild, dass manche von der DDR haben. Hier wurde ein seit 1920 tätiger Betrieb enteignet und dem staatlichen VEB Motorradwerk Zschopau durch üble Methoden angegliedert. Die 1981er Betriebsanleitung endet auf Seite 20 mit folgendem Satz: "Direktbezug von Ersatzteilen vom VEB Motorradwerk Zschopau ist in keinem Falle möglich". Warum wohl?
b) Es gab nie einen s.g. "Stoye 1 und 2". Falls ja fordere ich hiermit Belege für diese Bezeichnungen! Was es gab hat Erhard Werner in seinem AWO Buch (dritte Auflage 2006) dokumentiert: Sprengzeichnungen für die AWO Seitenwagen belegen die Existenz der Modelle TM (Tourenmodell) und SM (Sportmodell ohne Kofferraum), welche es auch in Luxusausführung ("L") gab. Für die AWO S mit Langschwinge hinten gab es dann den gedämpften Elastik Seitenwagen mit gezogener Seitenwagenschwinge und Drehstab, meistens mit TM Boot. Was wohl mit "1" und "2" gemeint ist, ist die entweder schmale (SM) oder breitere Bootsform (TM) des Stoye Seitenwagens.
c) Die erste DKW RT 125 (Auto Union A.G. Chemnitz) wurde zur Leipziger Frühjahrsmesse im Jahr 1940 vorgestellt. Bereits zwei Jahre zuvor gab Versuchsmodelle, die sogar bei motorsportlichen Veranstaltungen mitgefahren sein sollen (125er Motor im Rahmen der RT 3 PS). Entgegen meinem Avatar hier im Forum gab es 1939 noch keine serienfertige 125er DKW RT. Das Bild stammt aus einem DDR Quartett (Geschichte des Motorrades Verlag für Lehrmittel Pössneck 7/1987) und enthält darüber hinaus sogar noch das falsche Auto Union Signet, nämlich das der Ingolstädter Auto Union GmbH DKW RT 125 aus den 1950er Jahren mit geschwungenen Auto Union Ringen. Was die ganze Sache darüber hinaus noch verwirrend macht ist das Buch zum Thema DKW welches 2007 von Frank Rönicke veröffentlicht wurde: Typenkompass DKW. Hier wird zwar ansatzweise auf die Zschopauer Geschichte eingegangen jedoch leider nicht getrennt voneinander behandelt, dass es sich bei der Auto Union A.G. Chemnitz (zu der DKW gehörte) um ein ganz anderes Unternehmen handelt als um die Ingolstädter GmbH nach dem Zweiten Weltkrieg (ohne Horch und Wanderer). Auf Seite 81 wird von einer DKW RT 125-1 gesprochen. Das ist falsch und dafür gibt es auch keinerlei Belege. Die militärische Variante der DKW RT 125 hieß neue Ausführung (n.A.). Siehe dazu auch https://ifem.at/2011/01/dkwrt125/
Es muss und musste daher der Eindruck entstehen, dass es sich dabei um ein und dieselbe Firma handelt(e). Dem ist nicht so. In Zschopau gründete Jörge Skafte Rasmussen die Firma DKW in den 1920ern und dort wurde sie nach dem verlorenen Zweiten Weltkrieg auch demontiert. In Ingolstädt nach dem Zweiten Weltkrieg demontierte man hingegen lediglich eine von einem Händler nicht verkaufte DKW RT 125 aus den 1940er Jahren und fertigte schließlich nachdem man alles ausgemessen hatte diese ursprüngliche DKW RT 125 mit leichten Änderungen (längere Schutzbleche, größerer Tank, andere Sattelfederung und Lenkerhalterung) nach. Die Gesenkteile die vor Kriegsende noch in metallverarbeitenden Betrieben des Erzgebirges hergestellt wurden kamen nun von in den westdeutschen alliierten Zonen gelegenen Betrieben, die Bremsschilder waren von Pränafa (Präzisionsnabenfabrik Gräfrath bei Solingen) und nicht aus Zöblitz (MZAG /Metallwerke Zöblitz AG) wie vor 1945. Jedem_r der_die solche Teile schon mal in den Händen hielt müssen die unterschiedlichen Beschriftungen der Teile ins Auge fallen. Die Zschopauer Motorräder IFA DKW RT 125, sowie MZ RT 125/1 und /2 sowie die Motorräder MZ 125/3 und MZ 125/4, welche aus Zschopau stammen sind keine Kopien der DKW RT 125 von 1940 sondern ihre legitimen Nachfolgerinnen am historischen Standort gefertigt durch den Nachfolgebetrieb VEB Motorradwerk Zschopau. Wenn man im Kontext DKW RT 125 von Kopien sprechen mag dann von der in Ingolstadt von der Auto Union GmbH gefertigten DKW RT 125 mit Trapezgabel sowie ihren Nachfolgerinnen mit Telegabel und Hinterradfederung sowie den zahlreichen weiteren 125er Nachempfindungen durch Harley Davidson, BSA, Yamaha und den in Polen und der Sowjetunion gefertigten Nachkriegsproduktionen. Wobei man hier auch zugeben muss, dass die erste in der Sowjetunion gefertigte RT Kopie die Beste aller gebauten 125er gewesen ist, da sie erstens teilweise mit Original Zschopauer Teilen und zweitens auf den ursprünglichen Maschinen aus Zschopau gefertigt wurde.
Nicht unerwähnt soll in dem Kontext auch die unrühmliche Vorstellung jüngerer Generationen erwähnt sein, demnach die Vier Ringe etwas mit Audi zu tun haben sollen. Mit nichten bzw. lediglich zu einem Viertel! Die Vier Ringe tragende Auto Union AG aus Chemnitz (entstanden im Juni 1932) setzte sich wie die meisten wissen dürften aus den Kraftfahrzeugherstellern Audi, Horch, DKW und Wanderer zusammen. Das sich die Auto Union GmbH nach dem Zweiten Weltkrieg die Vier Ringe als Markensignet geschnappt hat um an den Erfolg der Weltmarken Wanderer und Horch der 1930er Jahren anzuknüpfen ist leider traurige wie reale Tatsache. Für mich stehen die Vier Ringe für sächsische Fahrzeugtradition und nicht für Ingolstädter (bzw. Düsseldorfer/Neckarsulmer) Nachempfindungen.
Das wärs als erstes...
F.
Re: Gedanken / Diskussion - Auf die Gefahr hin dass es länger dauern wird...
Wirres Zeug sind wir von Dir gewohnt, aber Du musst immer noch eins draufsetzen. Großes Lob.
Re: Gedanken / Diskussion - Auf die Gefahr hin dass es länger dauern wird...
Fidel, ich bin komplett Deiner Meinung!
Ein Beiwagen wird übrigens in der Regel gezogen.
(siehe Straßenbahn)
Ich bin im Übrigen sehr auf b) und c) gespannt!
Gruß Swen-Uwe
Ein Beiwagen wird übrigens in der Regel gezogen.
(siehe Straßenbahn)
Ich bin im Übrigen sehr auf b) und c) gespannt!
Gruß Swen-Uwe
- Weimaraner
- Beiträge: 2255
- Registriert: Di 8. Feb 2011, 16:53
- Wohnort: Weimar / Im Grünen Herzen Deutschlands
Re: Gedanken / Diskussion - Auf die Gefahr hin dass es länger dauern wird...
Ronny, bitte mäßige Deinen Ton und halte Dich an die Netiquette.
Fidel, klärt das bitte per Mail oder PN, aber nicht in diesem Fred.
Grüße Andreas (als Moderator)
-
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- Registriert: Mo 20. Dez 2010, 22:46
Re: Gedanken / Diskussion - Auf die Gefahr hin dass es länger dauern wird...
Guten Morgen,
nun ich kann nicht viel dazu beisteuern aus "philosopischer Sicht" aber einen kleinen Exkurs in die Metallverabeitung.
"Loch" bohren
Gut es ist kein vollständiger Satz, aber "Der kleine Fiedel bohrt ein Loch" . Bohren wäre ja das Verb, welches sich vom Substantiv des Werkzeuges ableitet. "der Bohrer" .
Was soll daran falsch sein ??? Ich kann ein Loch auch stanzen, ausbrennen, spindeln, reiben.... oder auch bohren. Aufspindeln und bohren erscheint dem Betrachter erst mal gleich, doch beim spindeln wird die Bohrung meist zirkular gesetzt. Das Werkzeug rotiert an sich um seine Mittelachse und dann ein weiteres Mal um die Mitte der Bohrung abzuüglich halber Werkzeug Durchmesser.
Zum Thema abbauen oder anbauen... Gebaut wird mit LEGO oder mit YTON ( nein das ist keine Schleichwerbung für Spielzeug oder etwaige Baustoffe ).
Montieren oder demontieren trifft es glaube eher...
nun ich kann nicht viel dazu beisteuern aus "philosopischer Sicht" aber einen kleinen Exkurs in die Metallverabeitung.
"Loch" bohren
Gut es ist kein vollständiger Satz, aber "Der kleine Fiedel bohrt ein Loch" . Bohren wäre ja das Verb, welches sich vom Substantiv des Werkzeuges ableitet. "der Bohrer" .
Was soll daran falsch sein ??? Ich kann ein Loch auch stanzen, ausbrennen, spindeln, reiben.... oder auch bohren. Aufspindeln und bohren erscheint dem Betrachter erst mal gleich, doch beim spindeln wird die Bohrung meist zirkular gesetzt. Das Werkzeug rotiert an sich um seine Mittelachse und dann ein weiteres Mal um die Mitte der Bohrung abzuüglich halber Werkzeug Durchmesser.
Zum Thema abbauen oder anbauen... Gebaut wird mit LEGO oder mit YTON ( nein das ist keine Schleichwerbung für Spielzeug oder etwaige Baustoffe ).
Montieren oder demontieren trifft es glaube eher...
Schrauben ist keine Kunst, es ist eine Lebenseinstellung
Re: Gedanken / Diskussion - Auf die Gefahr hin dass es länger dauern wird...
Zu Bohrung fand ich das noch, da steht nirgends "Loch".
Aus: practic - Das Magazin der Selbstbautechnik Heft 1 / 1981 [Berlin, Zentralrat der FDJ über Verlag Junge Welt]
Und danke Matze für deinen Beitrag, habe da ne Weile drüber nachgedacht. Sicher ein "Loch" kann man "auch stanzen, ausbrennen, spindeln, reiben.... oder auch bohren" - das bestritt ich nie. Es ging mir um die korrekte Bezeichnung für das was man in der Metallverarbeitung "anrichtet".
Zum Punkt "verbauen" ist mit dem Text im Barkasforum meiner Meinung nach alles gesagt.
F.
Aus: practic - Das Magazin der Selbstbautechnik Heft 1 / 1981 [Berlin, Zentralrat der FDJ über Verlag Junge Welt]
Und danke Matze für deinen Beitrag, habe da ne Weile drüber nachgedacht. Sicher ein "Loch" kann man "auch stanzen, ausbrennen, spindeln, reiben.... oder auch bohren" - das bestritt ich nie. Es ging mir um die korrekte Bezeichnung für das was man in der Metallverarbeitung "anrichtet".
Zum Punkt "verbauen" ist mit dem Text im Barkasforum meiner Meinung nach alles gesagt.
F.
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- Beiträge: 1537
- Registriert: Mo 20. Dez 2010, 22:46
Re: Gedanken / Diskussion - Auf die Gefahr hin dass es länger dauern wird...
Ok Fidel, dann betrachte es mal wie folgt. Ein Loch kann viel sein, das Loch in der Wand, das schwarze Loch, das Loch im Kotflügel...
Sicherlich sagt oder spricht man im Falle eine Fahrzeugteils von Bohrungen. Du kannst auch ein Loch buddeln, was dann im Maschinenbau quasi ein Sacklaochbohrung wäre. Die Definition "Loch" gibt ja auch geometrisch viel Interpretations Freiraum.
Genau wie bei Deine Beule. Eine Beule ist ja quasi das gleiche wie eine Delle. Kommt halt nur drauf an auf welcher Seite man steht. Man(n) spricht ja auch vom ausbeulen. Ich drücke die Beule ( Erhebung ) zurück.
Sicherlich sagt oder spricht man im Falle eine Fahrzeugteils von Bohrungen. Du kannst auch ein Loch buddeln, was dann im Maschinenbau quasi ein Sacklaochbohrung wäre. Die Definition "Loch" gibt ja auch geometrisch viel Interpretations Freiraum.
Genau wie bei Deine Beule. Eine Beule ist ja quasi das gleiche wie eine Delle. Kommt halt nur drauf an auf welcher Seite man steht. Man(n) spricht ja auch vom ausbeulen. Ich drücke die Beule ( Erhebung ) zurück.
Schrauben ist keine Kunst, es ist eine Lebenseinstellung
Re: Gedanken / Diskussion - Auf die Gefahr hin dass es länger dauern wird...
Zum Begriff "Beiwagen":
In den frühen Verordnungstexten bis Anfang der 20er wird "Bei-/Seitenwagen" gar nicht explizit genannt. Begrifflich ist immer die Rede von "Anhängewagen", worunter alle Arten von am Kraftfahrzeug mitgeführten "Anhängern" verstanden werden. So auch Isaac in seinem Kommentar von 1905. 1914 verwenden Oberländer/Bezold in ihrer Kommentierung/ Begriffsbestimmung beide Begriffe ganz selbstverständlich und inhalts- und bedeutungsgleich.
1921 taucht dann erstmals im §25a der "Verordnung über den Verkehr mit Kraftfahrzeugen" gewissermaßen offiziell der Begriff "Beiwagen" auf. Auch in der Neufassung 1923 tauchen lediglich die Begriffe "Anhänger, Bei- und Vorsteckwagen" auf.
Ohne jetzt weiter im Detail geprüft zu haben bin ich fast sicher , daß zumindest bis in die 50er Jahre zumindest im Zulassungsrecht der Begriff "Seitenwagen" keine Rolle spielte. Umgangssprachlich jedoch scheinen mir beide Begriffe von Anbeginn an nebeneinander und gleichberechtigt verwendet worden zu sein.
In den frühen Verordnungstexten bis Anfang der 20er wird "Bei-/Seitenwagen" gar nicht explizit genannt. Begrifflich ist immer die Rede von "Anhängewagen", worunter alle Arten von am Kraftfahrzeug mitgeführten "Anhängern" verstanden werden. So auch Isaac in seinem Kommentar von 1905. 1914 verwenden Oberländer/Bezold in ihrer Kommentierung/ Begriffsbestimmung beide Begriffe ganz selbstverständlich und inhalts- und bedeutungsgleich.
1921 taucht dann erstmals im §25a der "Verordnung über den Verkehr mit Kraftfahrzeugen" gewissermaßen offiziell der Begriff "Beiwagen" auf. Auch in der Neufassung 1923 tauchen lediglich die Begriffe "Anhänger, Bei- und Vorsteckwagen" auf.
Ohne jetzt weiter im Detail geprüft zu haben bin ich fast sicher , daß zumindest bis in die 50er Jahre zumindest im Zulassungsrecht der Begriff "Seitenwagen" keine Rolle spielte. Umgangssprachlich jedoch scheinen mir beide Begriffe von Anbeginn an nebeneinander und gleichberechtigt verwendet worden zu sein.
Re: Gedanken / Diskussion - Auf die Gefahr hin dass es länger dauern wird...
Hallo,
danke Matze erstmal für die Anmerkung, ich denke jetzt haben wir es, es ging mir nur um techn. Bohrungen an KfZ Bestandteilen.
@cosca: Könntest du bitte die vollständigen Quellen angeben, die interessieren mich sehr! Vielen Dank!
Zum Thema Seitenwagen/Beiwagen Begriff erarbeite ich gerade eine umfangreiche Quellensammlung. "Beiwagen" als Begriff wird fast ausschließlich als Bezeichnung in Fahrzeugpapieren / techn. Dokumenten der Prüfstellen verwendet.
In Siegfried Rauchs Handbuch für den Motorradsportler (1953), dem Standartwerk Das Motorrad mit Seitenwagen (1956) sowie im Titel des berühmten Werks (mit Günter Sengfelder) Zündapp KS 750: Das deutsche überschwere Gespann-Krad mit angetriebenem Seitenwagenrad (1978) findet überwiegend der Seitenwagenwagenbegriff Anwendung.
Ich werde weiter berichten!
F.
danke Matze erstmal für die Anmerkung, ich denke jetzt haben wir es, es ging mir nur um techn. Bohrungen an KfZ Bestandteilen.
Einzig allein darum ging es, nicht mehr, nicht weniger.Doc Holliday hat geschrieben: ↑Fr 1. Apr 2022, 12:21Sicherlich sagt oder spricht man im Falle eine Fahrzeugteils von Bohrungen.
@cosca: Könntest du bitte die vollständigen Quellen angeben, die interessieren mich sehr! Vielen Dank!
Zum Thema Seitenwagen/Beiwagen Begriff erarbeite ich gerade eine umfangreiche Quellensammlung. "Beiwagen" als Begriff wird fast ausschließlich als Bezeichnung in Fahrzeugpapieren / techn. Dokumenten der Prüfstellen verwendet.
In Siegfried Rauchs Handbuch für den Motorradsportler (1953), dem Standartwerk Das Motorrad mit Seitenwagen (1956) sowie im Titel des berühmten Werks (mit Günter Sengfelder) Zündapp KS 750: Das deutsche überschwere Gespann-Krad mit angetriebenem Seitenwagenrad (1978) findet überwiegend der Seitenwagenwagenbegriff Anwendung.
Ich werde weiter berichten!
F.
Re: Gedanken / Diskussion - Auf die Gefahr hin dass es länger dauern wird...
Also im Wesentlichen nutze ich meine Sammlung an zeitgenössischen Kommentaren zum jeweils geltenden Straßenverkehrsrecht, sowie sonstige Publikationen dazu. Da reden wir über mehrere laufende Meter im Regal. Desweiteren nutze ich frei zugängliche Quellen im Internet; Verordnungsblätter der Länder, Amtsblätter, Reichsgesetzblätter beispielsweise. Eine gesamte Quellenaufzählung wäre damit sehr umfangreich.
Konkret zum oben kurz Erwähnten vielleicht beispielhaft:
Periode vor 1906: „Das Recht des Automobils“, Dr. Martin Isaac, 1. Auflage 1905, enthält eine vergleichende Zusammenfassung des nach den Polizeibestimmungen in den deutschen Ländern geltenden Verkehrsrechts
Ab 1906: „Das Recht des Automobils“, Dr. Martin Isaac, 2. Auflage 1907, enthält wieder eine vergleichende Zusammenfassung des geltenden Verkehrsrechts nach den 1906 beschlossenen „Grundzügen“ des Bundesrats
Ab 1909/1910: „Gesetz über den Verkehr mit Kraftfahrzeugen“ vom 03.05.1909, Reichsgesetzblatt (RGBl.) Nr.26/1909 – erste reichsgesetzliche Regelung des Verkehrsrechts, enthält zwar nichts zum Thema Bei-/Seitenwagen, bildet aber die Grundlage für die folgenden Verordnungen.
(Gilt im Übrigen immer noch, seit 1952 als „Straßenverkehrsgesetz“)
1914: „Aus dem Automobilrecht“, Dr. Ernst Oberländer, 5. Auflage 1914, enthält beide Begriffe mit dem Verweis, dass die Bestimmungen über Anhängewagen sinngemäß anzuwenden sind
1921: Änderung der „VO über den Verkehr mit Kraftfahrzeugen“ RGBl. Nr.16/1921 – Einfügung §25a mit der erstmaligen Erwähnung des Begriffes „Beiwagen“
1923: Neufassung der „VO über den Verkehr mit Kraftfahrzeugen“ RGBl. Nr.21/1923 – Erwähnung „Beiwagen“ jetzt in §26
1934 löst die Reichsstraßenverkehrsordnung die alte VO ab, ab 1937/1938 gefolgt von der altbekannten StVZO. Der Begriff „Seitenwagen“ taucht erstmals in der StVZO der DDR von 1956 auf.
Wenn du eine detaillierte, gesicherte Übersicht über die Entwicklung des Begriffs im Straßenverkehrsrecht mit Quellenangabe haben willst, ist das sicher möglich, aber bräuchte etwas Zeit.
Konkret zum oben kurz Erwähnten vielleicht beispielhaft:
Periode vor 1906: „Das Recht des Automobils“, Dr. Martin Isaac, 1. Auflage 1905, enthält eine vergleichende Zusammenfassung des nach den Polizeibestimmungen in den deutschen Ländern geltenden Verkehrsrechts
Ab 1906: „Das Recht des Automobils“, Dr. Martin Isaac, 2. Auflage 1907, enthält wieder eine vergleichende Zusammenfassung des geltenden Verkehrsrechts nach den 1906 beschlossenen „Grundzügen“ des Bundesrats
Ab 1909/1910: „Gesetz über den Verkehr mit Kraftfahrzeugen“ vom 03.05.1909, Reichsgesetzblatt (RGBl.) Nr.26/1909 – erste reichsgesetzliche Regelung des Verkehrsrechts, enthält zwar nichts zum Thema Bei-/Seitenwagen, bildet aber die Grundlage für die folgenden Verordnungen.
(Gilt im Übrigen immer noch, seit 1952 als „Straßenverkehrsgesetz“)
1914: „Aus dem Automobilrecht“, Dr. Ernst Oberländer, 5. Auflage 1914, enthält beide Begriffe mit dem Verweis, dass die Bestimmungen über Anhängewagen sinngemäß anzuwenden sind
1921: Änderung der „VO über den Verkehr mit Kraftfahrzeugen“ RGBl. Nr.16/1921 – Einfügung §25a mit der erstmaligen Erwähnung des Begriffes „Beiwagen“
1923: Neufassung der „VO über den Verkehr mit Kraftfahrzeugen“ RGBl. Nr.21/1923 – Erwähnung „Beiwagen“ jetzt in §26
1934 löst die Reichsstraßenverkehrsordnung die alte VO ab, ab 1937/1938 gefolgt von der altbekannten StVZO. Der Begriff „Seitenwagen“ taucht erstmals in der StVZO der DDR von 1956 auf.
Wenn du eine detaillierte, gesicherte Übersicht über die Entwicklung des Begriffs im Straßenverkehrsrecht mit Quellenangabe haben willst, ist das sicher möglich, aber bräuchte etwas Zeit.
Re: Gedanken / Diskussion - Auf die Gefahr hin dass es länger dauern wird...
Hallo Cosca,
vielen Dank für die sehr ausführliche Auflistung!
In Siegfried Rauchs Handbuch für den Motorradsportler (1953) ist im Kapitel IX "Das Wichtigste aus der Straßenverkehrsordnung" unter §9b Fahrgeschwindigkeit der Terminus Kraftrad mit Beiwagen - die außerhalb geschlossener Ortschaften lediglich 80 km/h fahren dürfen - auf Seite 152 erwähnt.
Vielen Dank für die Anmerkungen und diesen Hinweis. Ich werde das alsbald möglich sichten.
Viele Grüße
Fidel
vielen Dank für die sehr ausführliche Auflistung!
In Siegfried Rauchs Handbuch für den Motorradsportler (1953) ist im Kapitel IX "Das Wichtigste aus der Straßenverkehrsordnung" unter §9b Fahrgeschwindigkeit der Terminus Kraftrad mit Beiwagen - die außerhalb geschlossener Ortschaften lediglich 80 km/h fahren dürfen - auf Seite 152 erwähnt.
Vielen Dank für die Anmerkungen und diesen Hinweis. Ich werde das alsbald möglich sichten.
Viele Grüße
Fidel
cosca hat geschrieben: ↑So 3. Apr 2022, 21:32 Also im Wesentlichen nutze ich meine Sammlung an zeitgenössischen Kommentaren zum jeweils geltenden Straßenverkehrsrecht, sowie sonstige Publikationen dazu. Da reden wir über mehrere laufende Meter im Regal. Desweiteren nutze ich frei zugängliche Quellen im Internet; Verordnungsblätter der Länder, Amtsblätter, Reichsgesetzblätter beispielsweise. Eine gesamte Quellenaufzählung wäre damit sehr umfangreich.
Konkret zum oben kurz Erwähnten vielleicht beispielhaft:
Periode vor 1906: „Das Recht des Automobils“, Dr. Martin Isaac, 1. Auflage 1905, enthält eine vergleichende Zusammenfassung des nach den Polizeibestimmungen in den deutschen Ländern geltenden Verkehrsrechts
Ab 1906: „Das Recht des Automobils“, Dr. Martin Isaac, 2. Auflage 1907, enthält wieder eine vergleichende Zusammenfassung des geltenden Verkehrsrechts nach den 1906 beschlossenen „Grundzügen“ des Bundesrats
Ab 1909/1910: „Gesetz über den Verkehr mit Kraftfahrzeugen“ vom 03.05.1909, Reichsgesetzblatt (RGBl.) Nr.26/1909 – erste reichsgesetzliche Regelung des Verkehrsrechts, enthält zwar nichts zum Thema Bei-/Seitenwagen, bildet aber die Grundlage für die folgenden Verordnungen.
(Gilt im Übrigen immer noch, seit 1952 als „Straßenverkehrsgesetz“)
1914: „Aus dem Automobilrecht“, Dr. Ernst Oberländer, 5. Auflage 1914, enthält beide Begriffe mit dem Verweis, dass die Bestimmungen über Anhängewagen sinngemäß anzuwenden sind
1921: Änderung der „VO über den Verkehr mit Kraftfahrzeugen“ RGBl. Nr.16/1921 – Einfügung §25a mit der erstmaligen Erwähnung des Begriffes „Beiwagen“
1923: Neufassung der „VO über den Verkehr mit Kraftfahrzeugen“ RGBl. Nr.21/1923 – Erwähnung „Beiwagen“ jetzt in §26
1934 löst die Reichsstraßenverkehrsordnung die alte VO ab, ab 1937/1938 gefolgt von der altbekannten StVZO. Der Begriff „Seitenwagen“ taucht erstmals in der StVZO der DDR von 1956 auf.
Wenn du eine detaillierte, gesicherte Übersicht über die Entwicklung des Begriffs im Straßenverkehrsrecht mit Quellenangabe haben willst, ist das sicher möglich, aber bräuchte etwas Zeit.
Re: Gedanken / Diskussion - Auf die Gefahr hin dass es länger dauern wird...
Für das "Neue Kraftfahrzeugfachblatt" 1947 bis 1950 und "Kraftfahrzeugtechnik" 1951 bis 1990 läßt sich das auch feststellen. Die große Mehrzahl der Fundstellen nutzt den Begriff Seitenwagen. Beiwagen findet sich nur an 2 Stellen, einmal werden beide Begriffe in einem Artikel genannt. Den Deutschen Straßenverkehr habe ich noch nicht erfasst, erwarte da aber auch kein anderes Bild.Jauernig hat geschrieben: ↑So 3. Apr 2022, 20:00..."Beiwagen" als Begriff wird fast ausschließlich als Bezeichnung in Fahrzeugpapieren / techn. Dokumenten der Prüfstellen verwendet.
In Siegfried Rauchs Handbuch für den Motorradsportler (1953), dem Standartwerk Das Motorrad mit Seitenwagen (1956) sowie im Titel des berühmten Werks (mit Günter Sengfelder) Zündapp KS 750: Das deutsche überschwere Gespann-Krad mit angetriebenem Seitenwagenrad (1978) findet überwiegend der Seitenwagenwagenbegriff Anwendung...
In "offiziellen" Dokumenten scheint man dagegen fast ausschließlich den (zulassungs)rechtlich korrekten Begriff Beiwagen -für die DDR gilt das so bis 1956- zu verwenden.
Re: Gedanken / Diskussion - Auf die Gefahr hin dass es länger dauern wird...
In einem Buch aus 1920, "Das Motorrad und seine Behandlung", findet man eine Erklärung der Begriffe Beiwagen und Seitenwagen. Zumindest in dieser frühen Zeit verstand man unter Beiwagen alle Arten von "Anhängseln". Also Vorsteckwagen, Anhängewagen und eben Seitenwagen. Kurz gesagt war jeder Seitenwagen ein Beiwagen, aber nicht jeder Beiwagen ein Seitenwagen. Durchgesetzt hat sich dann, von wenigen Ausnahmen abgesehen, der Seitenwagen und man bezeichnete im Alltag eben ganz selbstverständlich mit Beiwagen immer einen Seitenwagen. Beide Begriffe sind also grundsätzlich korrekt, der Begriff Seitenwagen aber die genauere, eindeutige Bezeichnung. Das zulassungsrechtlich der Begriff "Beiwagen" verwendet wurde/ wird erscheint somit auch logisch und konsequent, da damit eben alle Arten von Beiwagen erfasst wurden.